Warum ich gerne evangelisch bin...

Gemeindemitglieder erzählen

„Ich bin so froh, dass ich nicht evangelisch bin, die haben doch nichts anderes als Arbeiten im Sinn.“ So hatte der Kölner Kabarettist Jürgen Becker mit einem Lied und einem Augenzwinkern die Protestanten auf die Schippe genommen. Für Margit Seimel war das Reformationsjubiläum 2016 ein guter Grund, einmal nachzufragen, warum Menschen gerne evangelisch sind, und wie das mit dem Spaß der Protestanten eigentlich ist. Hier haben wir ein paar Antworten aus unserer Gemeinde zusammengetragen:

„Ich bin gerne evangelisch, weil ich so in einer großen und bunten Gemeinschaft von vielen Menschen bin und meine Gaben und Talente mit einbringen kann. Es ist toll und spannend, sich kritisch mit unserem Glauben zu beschäftigen und auseinandersetzen zu können. Ich bin froh, dass es mir möglich ist, gleichberechtigt neben vielen anderen Frauen und Männern von Gott zu erzählen und in einen Austausch zu kommen. Evangelisch sein heißt für mich, immer wieder als Kirche etwas Neues zu wagen und auch ungewöhnliche Wege zu gehen, das Evangelium zu den Menschen zu bringen.“„Warum ich Luther hochhalte? – Es ist ein schönes Bild, dass ich als Laie ordiniert werden darf und zusammen mit einer Vikarin symbolhaft den Weichensteller für unseren evangelischen christlichen Glauben hochhalten kann. Und sehen Sie: Es macht uns Freude. Gemeinsam sind WIR alle auf dem Weg, mit Verbindlichkeit, Kreativität und – hoffentlich – mit ganz viel Freude.“

„Und deshalb bin ich evangelisch: Ich glaube an Gott, der in Christus unser Menschenschicksal teilt Auseinandersetzung über Inhalte und Formen des Glaubens; Glaubensfragen in lebendiger Sprache und aktuellem Kontext; Gleichberechtigung der Geschlechter; Respektierung und Ermächtigung der „Laien“ in der Gemeinde.“

„Evangelisch zu sein bedeutet für mich in einem Miteinander zu leben und ein offenes Ohr für die zu haben, die es brauchen. Es bedeutet für mich Weltoffenheit; streng konservativ ist für mich nichts. Und das „Evangelische“ keinen Spaß haben, kann ich nicht bestätigen. Spaß gehört einfach zum Leben, auch wenn wir alle hart arbeiten müssen, um uns etwas leisten zu können. Dass wir Spaß haben, beweist auch die protestantische Karnevalssitzung, die „Prots´sitzung“ in der wir uns selber aufs Korn nehmen.“

„Woran du nun, sage ich, dein Herz hängst und worauf du dich verlässt, das ist eigentlich dein Gott.“ Dieser Satz von Martin Luther begegnet mir in meinem Leben immer wieder. Es gab und gibt viele Dinge im Leben, die mir wichtig sind und an denen mein Herz hängt. Immer gehört die Gemeinschaft mit Menschen dazu. Sei es ganz nah die Familie oder weiter gefasst Freunde, die Gemeinde. Damit das, was wichtig ist, wächst und sich zum Guten entwickelt, darf und muss jeder nach seinen Kräften mithelfen. Ich möchte mithelfen, dass das Gute gelingt. Daran hängt mein Herz. Vielleicht finde ich dann in der Zuwendung zu den Menschen, in der Nächstenliebe, zu meinen Gott.“

„Ich bin in erster Linie froh, dass ich Christ bin! Bin eher zufällig evangelisch, weil da hineingeboren.“

„Meine Großmutter war sehr streng und freudlos in ihrem Glauben, für sie war der Karfreitag das bestimmende Thema und die Gefühlslage. Das war nicht sehr anziehend. Aber zum Glück vermittelten meine Eltern uns Kindern einen anderen Glauben. Der allwissende, strafende Gott stand nie im Vordergrund, vielmehr bei Gott gut aufgehoben und immer beschützt zu sein.  Als erwachsener Mensch kam zu diesem Urvertrauen der Kindheit der sachliche Blick auf Theologie und Kirche dazu und die Freude über die vielen Freiheiten eines Christenmenschen. Manche finden Kirche ja altmodisch und nicht so wichtig, aber ich glaube, dass die reformatorische Kraft ziemlich lebendig ist und viel bewegen kann.“

 

Ursprünglich erschienen im Gemeindebrief Begegnung Nr. 70/2016.
Ein Text von Margit Seimel.